Neue Umsatzsteuerregeln für Gutscheine

Bei Gutscheinen wird im Umsatzsteuerrecht die Unterscheidung zwischen Wertgutscheinen und Warengutscheinen aufgegeben. Stattdessen soll eine Unterscheidung nach Einzweck- und Mehrzweck-Gutschein erfolgen: Steht bereits bei Gutscheinausstellung der Ort der Leistung und die für den Umsatz geschuldete Steuer fest, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein. Hier muss der Unternehmer die Umsatzsteuer bereits bei Verkauf des Gutscheins an das Finanzamt abführen.

Die spätere Einlösung des Gutscheins ist folgerichtig dann nicht mehr steuerbar. Bei allen anderen Gutscheinen — bei denen zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht alle Informationen zur Bestimmung der Umsatzsteuer vorliegen — handelt es sich um Mehrzweck-Gutscheine.

Hier unterliegt erst die Einlösung des Gutscheins der Umsatzsteuer.

Die Änderung gilt für alle Gutscheine, die nach dem 31.Dezember 2018 ausgegeben werden. Für Gutscheine, die davor verkauft wurden, bleibt es bei den bisherigen Regeln.

Gesetzliche Umsetzung der Gutschein Richtlinie (EU) 2016/1065

Gesetzliche Umsetzung der Gutschein Richtlinie (EU) 2016/1065 zum

01.01.2019 in das UStG § 3 Abs. 13 UStG n. F.

1. Vorbemerkungen

Gutscheine erfreuen sich seit eh und je immer größerer Beliebtheit. Das Geschäft mit Gutscheinen wächst und gewinnt für verschiedenste Handelsbereiche immer mehr an Bedeutung.

Das Geschenkgutscheinsortiment ist reichhaltig und reicht vom Wertgutschein für den Einkauf von Elektronik, Büchern und Bekleidung bis hin zu exklusiven Erlebnisgutscheinen.

Sucht man im UStG spezielle Vorschriften zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von Gutscheinen, so wird man keine finden. Insbesondere in § 3 UStG – Lieferung, sonstige Leistung- sind hierzu keine Regelungen enthalten. So geben derzeit nur Interpretationen mit derzeitigen Rechtsvorschriften, bzw. hierzu ergangene Verwaltungsanweisungen verschiedener OFD´s Hilfestellungen zur Lösungsfindung – eine einheitliche Regelung auf europäischer Ebene gibt es (noch) nicht.

Auch unsere Vorschriften im UStG sind nicht hinreichend klar und umfassend formuliert, um eine einheitliche steuerliche Beurteilung von Gutscheine betreffenden Umsätzen zu gewährleisten. Die Gutschein-Richtlinie wurde geschaffen, um eine einheitliche umsatzsteuerliche Behandlung von Umsätzen, die über Gutscheine abgewickelt werden, zu gewährleisten. Sie differenziert daher zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen, um eine systemgerechte Besteuerung zu erreichen. Unter anderem soll damit eine Doppel- oder Nichtbesteuerung und die Gefahr von Steuerumgehung vermieden werden. Durch unterschiedliche Auslegungen und Interpretationen der einzelnen Mitgliedstaaten, wird aber nicht auszuschließen sein, dass sich auch durch den Erlass der Gutschein-Richtlinie noch Probleme bei der Gesetzesauslegung ergeben werden. 

Es wird sicherlich auch in Zukunft Rechtsunsicherheit und Abgrenzungsschwierigkeiten geben. Es wird sich zeigen, ob die schrittweise Umsetzung innerhalb Europas zielführend sein wird.

2. Aktuelle umsatzsteuerliche Beurteilung von Gutscheinen

Wie bereits oben ausgeführt, gibt es bislang weder eine gesetzliche Regelung im deutschen UStG, noch eine umfassende bundeseinheitliche Regelung der deutschen Finanzverwaltung. Lediglich einzelne OFD´s haben Verfügungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen erlassen:

OFD Magdeburg, 02.05.2006, S 7200 – 179 – St 244, BeckVerw 091065

Werden Gutscheine ausgegeben, auf denen konkret bezeichnet ist, für welche Leistung sie einzulösen sind, ist der Bezug zu dieser Leistung bereits bei Ausgabe der Gutscheine gegeben. Die Leistung wird zwar wie bei Wertschecks noch nicht bei Ausgabe der Gutscheine erbracht, hier unterliegt der gezahlte Betrag als Anzahlung der Umsatzbesteuerung gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG. Auf einer Rechnung über die Ausstellung des Gutscheines ist USt auszuweisen, die auf der Rechnung über die ausgeführte Leistung entsprechend abzusetzen ist.

Beispiele:

Ein Restaurant stellt einen Gutschein über zwei Essen aus der Hauptkarte aus. Der Kunde bezahlt dafür 20 Euro. Beim nächsten Restaurantbesuch vergütet er damit zwei Mittagessen, für die er ansonsten 24,50 Euro bezahlt hätte. 

Eine Autowaschstraße gibt einen Gutschein aus, der zur viermaligen Autowäsche berechtigt. Der Kunde bezahlt dafür 20 Euro. Auf dem Gutschein ist lediglich die Leistung vermerkt.

Ein Buchladen gibt im August einen Gutschein für einen im Oktober erscheinenden Bestseller aus. Der Kunde zahlt den Preis für das Buch bereits bei Empfang des Gutscheines.

Die Ware wird am Erscheinungstag ausgegeben.

Verfügung der OFD Karlsruhe, 25.08.2011, S 7270, DStR 2011 S. 1910

  1. 1. Werden dagegen Gutscheine über bestimmte, konkret bezeichnete Leistungen ausgestellt, unterliegt der gezahlte Betrag als Anzahlung der Umsatzbesteuerung gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 UStG. = Einzweck-Gutschein = steuerpflichtig
  1. 2. Werden Gutscheine ausgegeben, die nicht zum Bezug von hinreichend bezeichneten Leistungen berechtigen, handelt es sich lediglich um den Umtausch eines Zahlungsmittels (z. B. Bargeld) in ein anderes Zahlungsmittel (Gutschein). Die Hingabe des Gutscheins selbst stellt keine Lieferung dar. Eine Anzahlung i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 UStG liegt ebenfalls nicht vor, da die Leistung nicht hinreichend konkretisiert ist. Erst bei Einlösung des Gutscheins unterliegt die Leistung der USt.  =  Mehrzweck-Gutschein = steuerfrei

Beispiele für Gutscheine als Zahlungsmittel:

Ein Kino stellt einen Gutschein aus, der sowohl für Filmvorführungen als auch beim Erwerb von Speisen (z.B. Popcorn) und Getränken eingelöst werden kann. Ein Kaufhaus stellt einen Gutschein aus, der zum Bezug von Waren aus seinem Sortiment berechtigt.

Ein Buchhändler stellt Geschenkgutscheine aus, die zum Bezug von Büchern oder Kalendern berechtigen. Bei Ausführung der Leistung unterliegt der ggf. noch zu zah-lende Differenzbetrag der Umsatzsteuer.

Beispiele für Gutscheine als Leistungsgewährung:

Ein Restaurant stellt einen Gutschein über ein Frühstücks- und Lunchbuffet aus. Ein Kino erstellt Gutscheine über Filmvorführungen.

Ein Fitnessstudio stellt einen Gutschein zur Benutzung der Sonnenbank aus.

Verfügung der OFD Frankfurt, 25.03.2010, S 7100 A – 172 – St 110, DB 2010 S. 1969

Die Verfügung der OFD Frankfurt nimmt zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Telefonkarten und anderen Zahlungskarten Stellung. Sie unterscheidet in ihren Ausführungen zwischen sog. Multifunktionskarten und Karten, die nur zum Bezug von einer Leistung berechtigen.

Multifunktionskarte

Eine Multifunktionskarte kann für die Inanspruchnahme unterschiedlicher Leistungen verschiedener Anbieter benutzt werden (z. B. Telefonleistungen, Parken in Parkhäusern/ Benutzung von Parkscheinautomaten, Inanspruchnahme von Leistungen des öffentlichen Nahverkehrs). Es handelt sich hierbei um den Umtausch eines Zahlungsmittels „Bargeld“ in ein anderes Zahlungsmittel „elektronisches Geld“. Die Ausgabe einer solchen Multifunktionskarte kann daher – mangels umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches – nicht umsatzsteuerbar sein. Die Besteuerung kann somit erst bei der konkreten Leistungserbringung erfolgen.

Entscheidendes Merkmal ist also, dass bei Ausgabe der Multifunktionskarte noch keine hinreichend konkrete Leistungserbringung feststeht.

Telefonkarte

Kann die Telefonkarte ausschließlich im Inland für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsleistungen benutzt werden, stellt der Kaufpreis für diese Telefonkarte vorausbezahltes Entgelt für die Telekommunikationsleistung des Telefonanbieters dar. Die Ausgabe der Telefonkarte unterliegt daher der USt nach den Grundsätzen der Anzahlungsbesteuerung.

Zusammenfassende Würdigung der OFD-Verfügungen

In den Fällen, in denen der Gutschein für eine genau bezeichnete Leistung von einem feststehenden Leistungserbringer erbracht wird, liegt ein Gutschein über eine hinreichend bestimmte Leistung vor. Die Ausgabe eines solchen Gutscheins unterliegt bereits im Zeitpunkt des Verkaufs der Anzahlungsbesteuerung, hinsichtlich der im Gutschein aufgeführten Leistung.

Dabei verbleibt ein Interpretationsspielraum, wenn der Gutschein noch einen gewissen Auswahlspielraum hat. Beispiele hierfür sind z. B. die Erlebnisgutscheine, welche zu einer Hotelübernachtung in besonderen Örtlichkeiten berechtigen, Erlebnisessen, Abenteueraktivitäten oder Fahrten mit Rennautos.